Digitales Contact-Tracing kann die Eindämmung der Corona-Pandemie unterstützen. Diese „virtuelle Schutzmaske“ beschleunigt und vereinfacht das Nachverfolgen von Kontaktketten. Allerdings geht das zu Lasten der Privatssphäre. Daten werden erhoben, gespeichert und können damit auch mißbraucht werden. Mit der Entwicklung der Corona-App werden im Augenblick die Rahmenbedingungen für unsere digitale Privatsphäre verhandelt.

Corona-Tracing-App & Privatspähre
Zur Erinnerung: unser Staat und unser gutes Zusammenleben basiert auf der Gewaltenteilung. Dabei setzen wir auf legislative (gesetzgebende), exekutive (vollziehende) und judikative (rechtsprechende) Gewalt. Als 4. Gewalt und Säule unserer Demokratie stehen die Medien, die durch Berichterstattung Öffentlichkeit und Transparenz herstellen und so die öffentliche Diskussion das politische Geschehen begleiten. Diese Systeme konkurrieren und balancieren die Macht im Staat (Checks and Balances).
Die Digitalisierung bringt viele Vorteile und Verbesserungen des täglichen Lebens. Verfügbarkeit von Wissen und Information, Kommunikation, Verkehr, Handel, Computing-Power in der Wissenschaft, etc. nehmen wir gerne mit. Und es wird tatsächlich besser auf der Welt. Ein Blick auf die Daten https://www.gapminder.org/data/ (sehen was ist) zeigt, dass z.B. unsere Lebenserwartung beständig steigt. (Buchtipp: Hans Rosling: Factfulness). Unser Hunger nach negativen Schlagzeilen allerdings und die Bereitschaft der Medien diesen zu befriedigen überlagert oft unsere Meinung über die realen Verbesserungen in unserem Leben.
Dennoch: die Welt dreht sich immer schneller weiter und die reale Entwicklung stellt uns vor neue Herausforderungen. Die Schlagworte sind: Social-Engineering, Überwachungs-Kapitalismus, Digitaler-Imperialismus…
Gerade in der Diskussion der Corona-Contact-Tracing-App kommen diese Themen auf die Tagesordnung und es werden Fakten geschaffen. Deshalb ist es wichtig gute Kriterien und Standards für diese „Helferlein“ fest zu legen.
Ausgezeichnete Arbeit leisten hier Organisationen wie der CCC oder internationale Forschergruppen wie DP-3T, da die klassischen Medien im Bereich der Digitalisierung mangels Kompetenz versagen. Es entsteht eine 5. Säule, eine engagierte Know-How-Öffentlichkeit.
Die wichtigsten Kriterien und Standards für eine Contact-Tracing-App lt. CCC sind
1. Epidemiologischer Sinn & Zweckgebundenheit
2. Freiwilligkeit & Diskriminierungsfreiheit
3. Grundlegende Privatsphäre
4. Transparenz und Prüfbarkeit
5. Keine zentrale Entität, der vertraut werden muss
6. Datensparsamkeit
7. Anonymität
8. Kein Aufbau von zentralen Bewegungs- und Kontaktprofilen
9. Unverkettbarkeit
10. Unbeobachtbarkeit der Kommunikation
Einen weiteren Bewertungsmechanismus für die Datenschutzfreundlichkeit und Funktionsfähigkeit von Corona-Programmen hat die Wiener Wirtschaftsinformatikerin Sarah Spiekermann-HoffSarah Spiekermann-Hoff entwickelt. Mit dieser Matrix können Apps sehr schnell beurteilt werden. Vorausgesetzt dass das wichtigste Kriterium, Zugänglichkeit und Transparenz auf Seiten der Entwickler gewahrt wird. Hier ein Ausschnitt der Excel-Tabelle in der Version:

Contact-Tracing-App Kriterien Tabelle – Screenshot
Download Excel-Datei: vs4_EN_Benchmark_Analysis_of_Corona_Tools_vs4ACN
Aktualisierte Versionen: https://www.wu.ac.at/ec/projects/privacy-friendly-corona-virus-tools
Es eilt mit der Entwicklung der App: aber auf Grund der weitreichenden Konsequenzen für unsere Freiheit und unserer Privatspähre ist Sorgfalt geboten und wünschenswert ist neben der Entwicklung der App auch die Entwicklung der 5. Säule unserer Demokratie, einer „Privacy-Control-Data-Media“-Agency oder Polizei.
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