Ein wunderbares Buch. PopCo ist ein Roman für Marketing- und Internetfachleute. Ich lese Bücher. Und besonders gerne ein solches Buch, das neben einer guten Geschichte auch noch Informationen für den Job oder das Leben liefert. Hier ist es: Scarlet Thomas hat sich in „PopCo“ die schöne neue Welt vorgenommen. Ihre Protagonistin, Alice Butler, eine junge, etwas verschrobene, eigenwillige, nicht sehr angepasste Frau ist Angestellte bei PopCo, einer weltweit agierenden Spielefirma. Alice Butler ist zu einem Firmenevent eingeladen und wird dort ausgewählt um bei der Entwicklung eines ultimativen Produkts für die Zielgruppe „weibliche Teenager“ mitzuwirken. Soweit der erste Strang des Buchs.
Ein Roman – zwei Erzählstränge im PopCo von Scarlet Thomas
Zweiter Erzählstrang ist die Erinnerung an ihre Jugendzeit. Im Roman erzählt Alice Butler von Ihrer komplizierten Kindheit; Mutter gestorben, Vater verschwunden, aufgewachsen bei den Großeltern die beide Akademiker (Mathematik) waren. Dritter und zusammenführender Strang sind geheimnisvolle, codierte Botschaften. Alice Butler ist während dieser Brainstorming-Session für das neue Produkt in eine Abenteuergeschichte verwickelt. Soweit die Rahmenhandlung. Am Schluss gibt es auch noch etwas Spannung und eine Überraschung.
Alice Butler erzählt PopCo in der „Ich-Form“ und die Erzählung ist eine Mischung aus „innerer Dialog„, „Selbstbetrachtung“, „Selbstdiagnose“, und lässt den Leser so an ihrem Leben teilhaben. Das ist sehr eindringlich, manchmal aber auch etwas langwierig. Dennoch nimmt Alice Butler sich und den Leser in die Welt der Spieleindustrie, der Marken, der Konzerne und auch ein wenig in die Welt der Teenager. So müssen sich wohl junge Frauen fühlen.
Zeitgemäße Themen: verhandelt und verwoben in der Erzählung
Interessant ist auf jeden Fall, dass während dieses Mono(Dia)logs Themen sehr anschaulich behandelt werden. Der Leser erfährt etwas über Verschlüsselungstechniken von Texten, über die Schönheit von Mathematik, sogar über Homöopathie und die Welt der Produkte und des Marketings. Die Sprache ist schlank und schnörkellos und das Buch PopCo von Sarlet Thomas liest sich leicht.
Was nehme ich aus dem Buch mit? Ein besseres Verständnis für die Innenwelt von Menschen, das Gefühl, dass andere auch komplizierte innere Monologe oder Dialoge führen und ein paar Erkenntnisse über Themen, die ich in dem Buch gar nicht vermutet habe. Gut verpackte Information. Lesenswert auch die Literaturliste oder die wundervollen Paradoxone und Metaphern die ich verwenden werde. Wie diese Geschichte hier:
Vor dir stehen zwei Schüler der Groveswood Schule. Der eine lügt grundsätzlich, der andere sagt immer die Wahrheit. Du bist auf der Suche nach dem Klassenzimmer, wo du gleich Mathe hast, und darfst einem der beiden genau eine Frage stellen. Was tust du? Die Antwort liegt auf der Hand: Man fragt einen von beiden, was der andere einem sagen würde, und machst dann genau das Gegenteil. In Wahrheit gibt es aber auf der ganzen Groveswood-Schule nicht einen Schüler, der immer die Wahrheit sagen würde, also sieht man lieber zu, dass man sein Klassenzimmer allein findet.
Auch nach über 10 Jahren habe ich dieses Buch 2021 wieder gerne gelesen. Es ist immer noch zeitgemäß und gerade in Zeiten in denen wir vor völlig neuen Herausforderungen stehen, wo wir uns klar werden müssen was nach der Digitalisierung kommt und welche Rolle NoCo vielleicht schon spielt. Destruktive Elemente die von innen heraus durch schlechte Performance und „Dienst nach Vorschrift“ den Fortschritt bremsen. Auf ins Leseland. Es gibt PopCo und NoCo zu entdecken.