… wegen verspäteter Ankunft im Bahnhof haben wir Verspätung.

Offener Brief an Hartmut Mehdorn, Bahnchef.

Hallo Hartmut Mehdorn,

ich muss Ihnen schnell von einem Ihrer Schaffner berichten, der großes rhethorisches Talent hat. Die Ansage war: “… wegen verspäteter Ankunft im Bahnhof hat unser Zug leider 7 Minuten Verspätung”.  (Regionalexpress von Hof nach Nürnberg, 16.06.2008, 6:30 ab Hof).  Aber ansonsten ist das ein wirklich guter Mann. Sehr freundlich.

Mich würde nur interessieren, wer Ihren Leuten solchen Schwachsinn beibringt. Da gibt es noch so ein paar Formuliereungen, die mir in letzter Zeit begegnet sind, zwei Beispiele: “…wegen Gleisbelegung können wir nicht in den Bahnhof einfahren” und  “wegen Störungen im Betriebsablauf kommt es zu Verzögerungen”. Euer Spiel heißt: Wirkung mit Wirkung begründen. Das ist unfaire Rhethorik und Dummpulver zur Ruhigstellung von Fahrgästen.

Einfacher und ehrlicher wäre die Wahrheit: “Wegen uns haben wir Verspätung… oder: “Wegen Beförderung von Fahrgästen kam es leider zu Verzögerungen bei der Ankunft im Bahnhof…” Oder auch: “wegen intensiver und vorausschauender Arbeit kam es zu unvorhergesehenen Verspätungen…”. (Bitte sehen Sie mir den Sarkasmus nach, aber ich bin grad unterwegs von Bamberg nach Hof, es ist 22:28 Uhr und wir haben schlappe 20 Minuten Verspätung… wegen einer Störung im Betriebsablauf)

Ich hätte das gar nicht aufgeschrieben, wenn ich nicht am gleichen Tag in der WELT ( 16.06.2008 ) gelesen hätte, dass Sie, Herr Mehdorn, in Napoleon ein Vorbild sehen und wohl sagten: “Ich bin sicher, er wäre ein hervorragender Bahnchef gewesen”. Nur dass sich jetzt nicht etwas in Ihrem Kopf festzurrt: Die Bahnangestellten sind keine Soldaten und die Fahrgäste nicht die Feinde… manchmal habe ich den Eindruck, wir wären die Feinde, die Fahrgäste, sie wissen schon, das sind die, die auch Geld geben. Und es muss auch nichts erobert werden, höchstens die Herzen der Fahrgäste. Ob Sie das verstehen können? Ach, könnten Sie doch mit Napoleon sprechen, der wußte wenigstens die Herzen seiner Soldaten für sich zu gewinnen.

Mit freundlichen Grüßen

H.  Hohenberger

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